Advents-Kalender-Türchen #16: Piero Manzoni
Für einen befreundeten Gastroenterologen haben wir über Jahre eine Sammlung zu „Werden & Vergehen“ aufgebaut und jetzt in seiner Bibliothek eine Kabinett-Ausstellung dazu kuratiert. Im KAP-Advents-Kalender präsentieren wir der interessierten Öffentlichkeit Highlights. Türchen #16: Piero Manzoni.

Es mag Manchem merkwürdig erscheinen, aber für uns geht konzeptionell nach Piero Manzonis „Künstlerscheiße“ im Jahr 48 n.D.* gar nichts mehr.
*nach Duchamp
Wer sich danach noch entblödet, eine mit Panzerband an eine Wand geklebte Banane oder ein Klosett aus purem Gold zu Kunst zu erklären, ist in unseren Augen ein kopistischer Dummkopf, der auf narzisstische Arto-Analphabeten mit zu großem Geldbeutel schielt. Und zu Werden & Vergehen passt die Arbeit sowieso super.
Was Konzeptkunst ausmacht
Abgesehen davon, dass ein Exemplar von „Künstlerscheiße“ in der Sammlung eines Gastroenterologen unserer Meinung nach nicht fehlen darf: Für uns enthält Manzonis Werk prinzipiell alles, was konzeptionelle Kunst ausmacht – und vielleicht in vielen Punkten sogar Kunst generell.

Denn: Manzonis „Künstlerscheiße“ wurde aus einer Idee geboren, die sie konsequent zu Ende denkt. Sie reflektiert auf sehr originelle, sehr ironische, da fäkalisierte Art & Weise über den künstlerischen Produktions- beziehungsweise Verdauungsprozess. Und sie hat das, was wir hier in der KunstArztPraxis intern immer wieder „Verheißung“ nennen: also das, was im Kopf & im Bauch von Betrachtenden entstehen muss.
Bei Manzonis „Künstlerscheiße“ ist es eine Verheißung, die sich mit Ekel paart. Wir WISSEN ja nicht, ob in der Dose tatsächlich Manzonis Exkremente stecken – aber wir stellen es uns eben vor.
Foto oben: Piero Manzoni, „Künstlerscheiße“ (1961, von oben), Sammlung Bloehme, Hamm 2025
Diese Spannung lässt sich erst lösen, wenn man das Kunstwerk – wie angeblich schon einmal geschehen – zerstört.
All das, was uns Manzoni da an Gedanken sehenden Auges in die Dose gestopft hat, bewundern wir. Aber man darf es auch buchstäblich Scheiße finden, wofür Menschen Geld auszugeben bereits sind.
Auch das ist im unserer Meinung nach besten Werk Manzonis als Idee schon angelegt. Toll, oder?
Unser Gastro-Sammler war klamm
In unserer Kabinett-Ausstellung haben wir die „Künstlerscheiße“ (Vergehen) übrigens zum Sockel für eine Skulptur der von uns ebenfalls hoch verehrten Paloma Vargas Weisz gemacht.
„Wilde Leute 18“ (2024) gehörte zu einer dreiteiligen Familien-Gruppe von Wald- und Berggeistern und war darin sozusagen das Kind (Werden).
Wir hätten die Dreier-Gruppe gern komplett erstanden, sie war noch frei. Aber da war der Gastro-Sammler wegen einer Reparatur an seinem Lamborghini gerade klamm. (16.12.2025)

Ach ja: Manchmal sitzt der adoleszente Waldgeist auch unter
Mary Bauermeisters „Wabenbild“-Mond (1958-1960).
Ist halt wild & romantisch, das Kind.


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