Advents-Kalender-Türchen #21: Yvonne Roeb
Für einen befreundeten Gastroenterologen haben wir über Jahre eine Sammlung zu „Werden & Vergehen“ aufgebaut und jetzt in seiner Bibliothek eine Kabinett-Ausstellung dazu kuratiert. Im KAP-Advents-Kalender präsentieren wir der interessierten Öffentlichkeit Highlights. Türchen #21: Yvonne Roeb.

Braucht ein Gastroenterologe zu Hause einen sündhaft großen Schreibtisch – noch dazu in seiner Bibliothek? Wir finden eigentlich nicht. Der blöde protzige Design-Schreibtisch von Sammler Bloehme war uns deshalb immer schon ein Dorn im Auge.
Wer nicht liest, soll Kunst betrachten!
In seiner Bibliothek soll Bloehme gefälligst lesen. Und wenn er nicht liest, dann soll er sich gefälligst jene Kunst betrachten, die wir für ihn gesammelt haben! Sehend denken soll er, und zwar am liebsten mit dem Knie. Over and out.
Deshalb hat es uns gefallen, aus Bloehmes Müller-Schreibtisch aus den 1950ern pädagogisch-kuratorisch einen Sockel – und aus den beiden Kaiser-Arbeitsleuchten aus den 1940ern die Spots – für zwei Arbeiten Yvonne Roebs zu machen, die wir zum ersten Mal 2017 in ihrem Düsseldorfer Atelier sahen – und zwischen die im Grunde jetzt nur noch ein Laptop und eine Captain-Future-Tasse passt: „Fossil II“ (2014) und „Kardia“ (2016).
„Fossil II“ mögen wir, weil es, handwerklich sehr ausgereift, eine Vergangenheit imaginiert, die es nie gegeben hat.* Und weil es eine erotische Komponente besitzt, die wir nur manchmal, je nach Stimmung, sehen können.
*siehe hierzu auch Türchen #22

Yvonne Roeb, „Fossil II“ (2014, Detail), Sammlung Bloehme, Hamm 2025
Eros & Thanatos in Personal-Union
Je nach Stimmung dünkt es uns dann aber, als habe das niemals wirkende prähistorische Schicksal nicht EIN, sondern ZWEI Fossilien versteinert, die gerade im Liebesakt ineinander verschlungen waren.
Werden (Eros) & Vergehen (Thanatos) auf dem Protz-Schreibtisch unter den Protz-Leuchten quasi in Personal-Union.


So lebendig, wie es schaut
Und dann gibt es auf dem Schreibtisch-Sockel eben auch noch Yvonne Roebs „Kardia“, das schon in einem unserer Lieblingsmuseen, dem MARTA Herford, zu sehen war.
Wir haben es für Herrn Bloehme erstanden, weil es für die Sammlung eines Gastro-Sammlers („Kardia“ = „Magenmund“, toll, oder?) wie die Faust aufs Auge passt.
Aber „Kardia“ kann halt auch „Herz“ bedeuten – und Yvonne Roebs „Kardia“ könnte eben beides ( oder nichts von beidem) sein – so lebendig, wie es schaut: Unsere künstlerische Mahnung an den Gastro-Sammler, endoskopisch wie anatomisch immer aufmerksam zu bohren. (21.12.2025)
Anmerkung: Ja, richtig gesehen: Sammler Bloehme sitzt am Schreibtisch auf einem TRIPP-TRAPP-Stuhl! Wie lächerlich ist DAS denn? Ach, egal. Sammelnde Gastroenterologen sind halt Kinder.


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