Advents-Kalender-Türchen #19: Maria Lassnig
Für einen befreundeten Gastroenterologen haben wir über Jahre eine Sammlung zu „Werden & Vergehen“ aufgebaut und jetzt in seiner Bibliothek eine Kabinett-Ausstellung dazu kuratiert. Im KAP-Advents-Kalender präsentieren wir der interessierten Öffentlichkeit Highlights. Türchen #19: Maria Lassnig.

Natürlich würden wir in der Vorweihnachts-Zeit auch in Türchen #19 gern Besinnlicheres erzählen wie das in all den anderen Adventskalendern Usus ist, aber so ist es nun mal im Werk von Maria Lassnig: Es geht um den (eigenen) Verfall, um Siechtum, Leiden & Gewalt.
Das Leben ist eben kein Nonnenausflug, das Weltall dehnt sich aus. Da müssen wir halt alle durch. Gastro-Sammler Bloehme in seiner Bibliothek jetzt auch.
Über Jahre keinen Anpack
Lassnigs Edition “A Pair of Gloves“ haben wir uns jahrelang immer wieder angeschaut, und zwar unschlüssig: Wir hatten einfach keinen visuellen Anpack. Auch das passiert uns manchmal.

Der linke Extremität erschien uns immer als ein Fuß, aber die rechte Extremität eben irgendwie als unförmige Masse, die sich in unseren drei Hirnen zu nichts Substantiellem formen ließ!
Was sollen wir sagen: Wir haben das „Gesicht“ im Unförmig-Massigen einfach lange nicht erkannt. Erst als dieser Groschen fiel, fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Jetzt ergab das Bild ein Bild, dass sich für die Hammer Sammlung Bloehme zu erwerben lohnte!
Inzwischen haben wir sogar erkannt, dass selbst der rechte Fuß ein Gesicht hat, ein Kopf sein KÖNNTE! Und wenn dem so wäre, dann spielte der sieche Körper mit sich selbst OP-Handschuhe-Kasperle-Theater.
Bild oben: Ja, klar: JETZT sehen wir es auch! Geschenkt.
Maria Lassnig, “A Pair of Gloves“ (2006, Detail),
Sammlung Bloehme, Hamm 2025
Sofern das Augenlicht mitspielt
In der Sammlung Bloehme haben wir Maria Lassnigs “Pair of Gloves“ übrigens so tief gehängt, dass Gastro-Sammler Bloehme das Bild beim Lesen oder beim Rekonvaleszieren oder eben beim alltäglichen Versiechen, also bis ins höchste Alter hinein, sehen kann.
Sofern das Augenlicht mitspielt, versteht sich.
Je nachdem, wie er liegt, sieht es für ihn da unten auf seiner Matratzengruft so aus, als wolle Lassnigs derangierte Figur mit ihrem gelben Kasperle-Handschuhpaar den Luftballon von Karin Sander greifen, der lust- und luftlos an seiner güldenen Kette von der Decke vor ihr schwebt.

Karin Sander, „Luftballon“ (Enststehungsjahr haben wir vergessen),
Sammlung Bloehme, Hamm 2025
Aber es nutzt nichts: Es ist vergebens. Die Luft ist raus. Das Ende ist nah.
Es sei denn, im Advent kommt Jemand, der noch Puste hat. (19.12.2025)
„Pfft,“
Frans Roermond



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