Advents-Kalender-Türchen #8: Tim Eitel
Für einen befreundeten Gastroenterologen haben wir über Jahre eine Sammlung zu „Werden & Vergehen“ aufgebaut und jetzt in seiner Bibliothek eine Kabinett-Ausstellung dazu kuratiert. Im KAP-Advents-Kalender präsentieren wir der interessierten Öffentlichkeit Highlights. Türchen #8: Tim Eitel.

Wir bleiben kurz beim publikumswirksamen Revers-Etikett der „Neuen Leipziger Schule“, namentlich bei Tim Eitel, der auf jeden Fall berühmter als Jochen Plogsties aus Advents-Kalender-Türchen #7 ist. Die „Zeitungen“ hat unser Gastro-Sammler sogar schon einmal an eine Eitel-Retrospektive nach Südkorea ausgeliehen: Soviel zum Ruhm, der Kontinente überspannen kann. Wie das Gerücht.
Die „Zeitungen“ seien in Los Angeles entstanden, sagte uns, glaube ich, Eitels eigenartige Galeristin, aber wir wissen es nicht mehr. Fest steht, dass die Farbe damals im Sonnenstaat aus der Palette des Malers entwichen ist wie der Teufel aus den Besessenen.

Trotzdem stellen wir uns vor, dass Eitel das Gemälde im Glücksspiel-Sumpf Las Vegas gemalt hat, wo die Obdachlosen bekanntlich in endlos dunklen Tunneln unter der Erde hausen müssen.
Für uns zeigt das Bild nämlich nur vordergründig Gazetten, die der Wind an die Gitter der New Yorker U-Bahn geweht hat wie im Gangsterfilm.
Für uns zeigt es vor allem die Wohnstatt von Einem, der keine Wohnstatt mehr hat. Der auf der farblosen Schattenseite dieser Glitzer-Glitter-Welt am Boden liegt. Den die Menschheit vergessen hat wie die Neuigkeit von neulich.
Und der vor 15 Minuten vielleicht noch selbst in der Zeitung stand.

Leider nicht in der Hammer Sammlung Bloehme, aber:
Eitels „Untitled (Coat)“ (2010) soll unterstreichen,
warum wir bei „Zeitungen“ denken, wie wir denken.
Hier: Schnee von Gestern
Noch ist es mit dem Ruhm des Künstlers Eitel Sonnenschein. Aber der Künstler denkt weiter.
Denn wenn man seine „Zeitungen“ schräg gegens Licht hält, dann kann man erkennen, dass eines der „Zeitungs-Fotos“ ein verschwommenes Abbild von Tim Eitels „Krümmung“ (2002) ist: eines von jenen wundervollen Großformaten, auf der die Welt noch bunt & in Ordnung scheint.
Hier, auf „Zeitungen“: Schnee von gestern.

Für uns ist „Zeitungen“ ein Emblem für die Vergänglichkeit von Allem, ein Vanitas-Stillleben, ein Memento Mori. Und wir sind sehr froh, es für die Hammer Sammlung Bloehme erworben zu haben. (08.12.2025)


danke!