Auf nach Zamonien! Walter Moers in Oberhausen
Wir müssen es gestehen: Wir Drei von der KunstArztPraxis sind Fanboys von Walter Moers! Deshalb freut uns seine Schau in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen besonders. Zumal sie in einem Teil von uns Erinnerungen weckt: an Zugfahrten mit dem grandiosen Sprecher Dirk Bach nach Mainz.
Bekanntlich war der Germanist unter uns KunstArztPraxis-Ärzten mal für eine Handvoll Semester Dozent für Buchwissenschaft in Mainz, und wenn er dienstags vormittags mit dem Zug aus der Dom- in die Gutenbergstadt herüberfuhr, stand er jedes Mal mit einem recht quietschig gekleideten, schirmmützenbedeckten Dirk Bach am Bahnsteig.
Beide standen immer im selben Gleisabschnitt und stiegen immer in denselben Waggon: Offenbar war auch Dirk Bach – wie unser KunstArzt-Germanist – ein Gewohnheitstier mit Hang zu Alltags-Ritualen.
Das war genau zu jener Zeit, als Bach gerade „Die Stadt der träumenden Bücher“ von Walter Moers einsprach – wir haben das recherchiert. Und für uns, die wir den objektiven Zufall ja so lieben, ist das ein solcher liebenswerter, objektiver Zufall.
Da fährt Einer von uns nach Mainz, um seinen Studentinnen (wir müssen nicht gendern: alles Studentinnen!) etwas über Bücher zu erzählen – und im selben Waggon sitzt Dirk Bach, den Kopf angefüllt mit Walter Moers‘ phantastischer Geschichte über die Reise des Lindwurms Hildegunst von Mythenmetz in die von den absonderlichsten Büchern überquellenden Katakomben von Buchhaim.
Vielleicht gerade all jene Stimmen erprobend, mit denen er den freundlichen Buchlingen und den grausamen Buchjägern, dem hinterhältigen Literatur-Feind Phistomefel Smeik oder dem sagenhaften Schattenkönig – und ganz nebenbei auch dem Wunder des Literarischen! – für siebzehneinhalb Stunden akustisch so grandios Leben einzuhauchen verstand.
Trompaunenmusik in seinen Ohren
Damals wusste unser Germanist nichts von dieser tollen Sache, die natürlich wie Nebelheim’sche Trompaunenmusik in seinen Ohren gewesen wäre!
Aber als hätte er es geahnt, ließ er Dirk Bach in Ruhe.
Auch Walter Moers hat es grandios verstanden, seinen Figuren Leben einzuhauchen: mit der unbändigen Phantasie seiner Sprache, aber eben auch visuell.
Letzteres kann man gerade in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen bestaunen. Zweifellos hat Walter Moers das Orm – und zwar nicht nur als phantastischer Dichter, sondern auch im magischen Reich der Kunst.
Das Orm des Schattenkönigs
So ist die Ausstellung in unseren Augen eine Art Teleportation auch in die Katakomben von Buchheim geworden – etwas, was eigentlich ja nur die Buchlinge vermögen: nur eben nicht bei Quallen- oder Kerzen-, sondern bei Lampen- oder Sonnenlicht.
Natürlich ist auch die Crew von Käpt’n Blaubär mit von der Partie: unter anderem die Puppen der Fernseh-Serie, die Walter Moers immer etwas zu kindlich war. Weshalb er bekanntlich „Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ erfand.
Es gibt Originale von Adolf, der Nazi-Sau, dem alten Sack und dem fabulösen Fönig, dessen Ratschlag – „Kasse dich furz!“ – wir bei diesem Beitrag einfach einmal heberzigen wollen (so furz waren wir noch nie!).
Und, ja: das kleine Arschloch, das uns von der KunstArztPraxis ganz besonders interessiert, wenn auch nur von Berufs wegen. Denn es hat ja die heiligen Hallen der Kunstgeschichte aufs Blasphemischste besudelt.
Was gibt’s denn da zu lachen?
„Was gibt’s denn da zu lachen?“, heißt die Schau, und was es da zu lachen, schmunzeln, grinsen gibt, das erfährt man am besten, wenn man sich nach der Ausstellung noch einmal Dirk Bachs akustische Reise durch Moers‘ „Die Stadt der träumenden Bücher“ zu Gemüte führt.
Und wird dabei natürlich schnell bemerken, dass Walter Moers auch dunkle, tiefe, philosophisch ernste Bücher-Seiten hat.
Und einen teils ganz eigenen, dem Orm zu verdankenden, nachdenklichen, bisweilen auch bitteren Witz, der einen das Lachen gefrieren macht.
Ach ja: Vor kurzem lasen wir im SZ-Magazin ein E-Mail-Interview mit dem medien- und öffentlichkeitsscheuen, privat wie Dirk Bach oft selbst schirmmützenbedeckten Walter Moers.
Darin ging es vor allem ums Essen und Trinken in Zamonien und anderswo, aber an einer Stelle auch um den inzwischen verstorbenen Dirk Bach. Bach habe ihn „darum beneidet, öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu können, ohne ständig belästigt zu werden“, heißt es darin.
Auf seinem Weg zur Mainzer Buchwissenschaft hat unser inruhelassender KunstArztPraxis-Germanist also damals offenbar alles richtig gemacht. (15.12.2024)
„Was gibt’s denn da zu lachen? Die komische Welt des Walter Moers“ ist noch bis zum 19. Januar 2025 in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zu sehen. Also, bitte: sputen.
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