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Kommentare

Von den Dingen: Wiebke Siem im Kunstmuseum Bonn — 6 Kommentare

  1. Oha, liebes KunstArztPraxis-Team, da ist ja wohl Wiebke Siem in Eure Falle getappt und nicht umgekehrt! 😉 Toller Text. Weiter so!

  2. Das einzige das hier „retro“ und völlig aus der Zeit gefallen ist, ist Ihr atemberaubender Sexismus. Sie tappen in jede Falle die ich Ihnen gestellt habe und Sie machen den Hauptfehler jeder Kunst und Literaturbetrachtung, sie halten jedes Kunstwerk für autobiographisch. Ich kann Ihnen versichern, es ist fast immer Fiktion und damit stehe ich nicht allein.
    Ich lasse in meiner Arbeit 100 Jahre männerdominierter Moderne Revue passieren und persifliere sie, es handelt sich um Satire. Ich bediene ich mir der Objekte, die die Künstler der Moderne benutzt haben. Die Surrealisten kannten kei n Billyregal und wenn, dann hätte ich es benutzt.
    Wenn Sie einen einzigen Blick in den Ausstellungskatalog geworfen hätten und aufmerksam durch die Ausstellung gegangen wären statt Ihre klischeehaften Phantasien über Frauen bestätigt zu sehen, dann hätten sie es bemerkt.
    Und nur zu Ihrer Information: weder meine Eltern noch meine Großeltern haben im Gelsenkirchener Barock gewohnt, sie hatten einen guten Geschmack! Die Verwendung dieser Art von Möbel in meinen Installationen sind Teil meiner satirischen Sicht auf die Kunstgeschichte in unserem Land.
    Ihren „skurrilen Tanten“ kann ich nur meine eigenen Tanten entgegensetzen, deren Leben man zerstört hat, in dem man Ihnen, anders als Ihren Brüdern, Abitur und Studium verweigerte. Einige von Ihnen haben daraufhin Ehe undFamilienleben abgelehnt und sich ein eigenes, selbstbestimmtes Leben und Berufsleben aufgebaut. Ihrem Kampf um Würde und Unabhängigkeit in einer frauenfeindlichen Umwelt gilt meine größte Achtung . Sie sind meine Inspiration und mein Vorbild.
    Wiebke Siem

    Antwort der KunstArztPraxis:

    Sehr geehrte Wiebke Siem,
    es tut uns leid, dass Ihnen unsere Betrachtung Ihres Werks nicht gefallen hat – und dies umso mehr, als wir es ja wirklich sehr zu schätzen wissen. Über den Vorwurf des Sexismus denken wir gerne intensiver nach, weil uns nichts ferner liegt, als sexistisch zu sein (bzw. sein zu wollen). Sexismus ist Verbrechen.

    Zu unserer Ehrenrettung möchten wir allerdings dann doch noch kurz vermerken, dass wir Ihr Werk in keiner (!) Weise autobiografisch deuten; diesen immergleichen Reflex einer bestimmten Form der Kunstkritik mögen wir ebenso wenig wie sie. Autobiografien von Künstler*innen interessieren uns bei der Deutung ihrer Werke eher gar nicht, im Gegenteil: Eigentlich sind wir vor ein paar Jahren angetreten, einer biografisch arbeitenden Kunstbetrachtung etwas entgegenzustellen. Und das machen wir seitdem.

    Wir können nämlich immer nur sagen, was Kunst – NATÜRLICH als Fiktion! – in UNS auslöst, welche Assoziationen ein konkretes Werk in UNS freisetzt, weil wir aus bestimmten Kontexten stammen, und das sind eben die beschriebenen, die wir in literarisierter Form – als Fiktion – verarbeitet haben, weil Reden über Kunst in unseren Augen (wenn überhaupt) nur so funktionieren kann. Sollte DAS die Falle gewesen sein, in die wir hineingetappt sein sollen, dann bekennen wir uns schuldig.

    Dass Ihnen unsere Betrachtung nicht gefallen hat, tut uns, wie schon gesagt, sehr leid. Und dass sie geschmackvollere Tanten hatten, ist vielleicht ein Glück für Sie gewesen, spielt aber für unsere Betrachtung keine Rolle. WIR hatten eben diese, die in den beschriebenen (und von Ihrer Kunst in uns eben wieder wachgerufenen) patriarchalischen Strukturen gefangen waren. Bei IHREN Tanten mag es anders gewesen sein, aber im Leben der unsrigen hatte die Singer-Nähmaschine und das Witwenbett und der Gelsenkirchener Barock nun mal seinen Platz. Diese Tanten „skurril“ zu nennen verbitten wir uns, denn wir haben sie sehr geliebt. Es waren zwei sehr tapfere, wundervolle, aber eben auch sehr traurige, da in den oben beschriebenen patriarchalischen Strukturen gefangene Frauen. Zumindest da, wo WIR herkommen, gab es von diesen Frauen viele. Und Geschmack muss man sich ja oftmals auch leisten können.

    Wie schon gesagt: Wir finden Ihre Arrangements im Kunstmuseum Bonn klasse und können nur Jeder/Jedem raten, sich von diesen Fiktionen zu eigenen Erzählungen anregen zu lassen – auch wenn wir das als Ihre Intention offenbar komplett missverstanden haben. Ebenso empfehlen wir den sehr schön gemachten Katalog, den wir, entgegen Ihrer Vermutung, von vorne bis hinten mit Freude durchgelesen haben. Wir schreiben nur einfach nicht gerne aus Katalogen ab und würden dies auch in Zukunft gerne so halten wollen.

    Dass wir ihre Kunst für brandaktuell halten, haben wir in unserer Betrachtung ja schon angemerkt. Warum wir ihren Surrealismus, unter anderem als Rückgriff eben auf die Mittel der (männlichen) Moderne, für „retro“ halten, weil sie sich ja immer auch auf dessen Verfahren und Rollenbilder rückbeziehen, auch.

    SIE haben den Teppichklopfer unter anderem bei Hans Bellmer gefunden, WIR eben in unseren Erinnerungen, ebenso retro (lateinisch = rückwärts), daheim.

    Sollte all dies nicht sinnfällig geworden sein, bedauern wir auch das.

    Die KunstArztPraxis

    P.S.: Im Übrigen waren auch die Objekte des Surrealismus in unseren Augen schon damals völlig aus der Zeit gefallen, das ist Teil ihres Zaubers und ihrer Magie, die bis heute wirkt. Billy-Regale hätte wohl nur Marcel Duchamp benutzt, aber sicher nicht, um Geschichten zu provozieren, sondern zur Provokation des Kunstbegriffs.

    P.P.S.: Wie ein Surrealismus geartet sein könnte, der (in der Wahl seiner Mittel! Nur in der Wahl der Mittel!!) vorwärtsgewandt sein möchte, kann man vom 27. August 2023 bis 28. Januar 2024 im Max Ernst Museum in der Ausstellung „Surreal Futures“ mit ihren interaktiven Videoarbeiten, VR-Werken, und Multimedia-Performances sehen. Wir maßen uns nicht an zu behaupten, dass das besser ist.

    P.P.P.S.: Nur der Vollständigkeit halber: Dass Sie in Ihrer „Arbeit 100 Jahre männerdominierter Moderne Revue passieren“ lassen und sich der Objekte bedienen, die die Künstler der Moderne benutzt haben, haben wir begriffen. Ob es sich bei Ihrem Werk um Satire handelt, bezweifelt zumindest der Literaturwissenschaftler in unserer Praxis, zumindest auf den ersten Blick. Aber auch darüber denken wir noch einmal nach. Mit Sicherheit jedenfalls arbeiten Sie mit Überzeichnung und Humor. Und das finden wir, wie schon gesagt, ziemlich klasse.

    • Die Praxis des verbalen Duells erhält eine neue Dimension wo Künstlerinnen mutig und offensiv Wortraum erhalten. Zeitgeist spiegelt Gräben – Kunst besitzt die Kraft, Brücken darüber zu erstellen. Wertschätzender Tausch von emotionalen Bewegungen ist hier eine neue Dimension und große Bereicherung zur Begegnung mit Kunst. Abstreifen können wir genutzte Worte nicht – mit Phantasie jedoch die Tanten durch Onkel oder diverse Persönlichkeiten ersetzen. Wortkunst die hier gezeigt, ebenso wie subjektive Betrachtung , verstehe ich nicht wertend, sondern respektvoll allen Betrachtenden der Praxisseiten gegenüber. Danke für diese virtuelle Türöffner-Funktion, die große Lust macht, sich selbst aufzumachen um die Kunst mit eigenen Augen zu betrachten.

  3. Die Ausstellung von Wiebke Siem fand ich auch sehr großartig. Und ich hatte ähnliche Assoziationen. Die Geschichte von den winzigen Tanten hat mich sehr berührt. <3

  4. Die Geschichte von den kleinen Tanten gefällt mir so gut. Von solchen Beobachtungen und Erinnerungen rund um den Gelsenkirchener Barock in den Stuben möchte ich mehr lesen.

    Antwort KunstArztPraxis: Dankeschön. Das freut uns alle wirklich sehr. Und: Wir werden weiter in uns gehen. Ihre KunstArztPraxis

    • Also, jetzt mal ganz im Ernst. Da schreibt die kunstarztpraxis ein ehrliches, mit Kenntnis, Sympathie, Staunen und Bewunderung reich unterlegtes Lob… Und die so Geehrte reagiert mit aggressivem Beleidigtsein und Unterstellungen. Schade. Hat sie nicht nötig. Und die Nummer von den Tanten „mit Geschmack“ ist extrem schnöselig. Die Käufer von Möbeln des „Gelsenkirchener Barock“ waren oft im männerdominierten Bergbau oder Stahlbau oder anderen Tätigkeitsfeldern unterwegs, die sich durch eine extreme körperliche Härte ausgezeichnet haben. Wenn dann der Kacheltisch und der röhrende Hirsch dazu beigetragen haben, ein wenig Gemütlichkeit zu vermitteln, na und? Man kann und darf das lustig finden. In Ordnung. Es ist auch richtig dass die Kunst männerdominiert war und dass das erst allmählich anders wird. Wer die Gelegenheit hat Kunst zu machen und davon leben zu können ist privilegiert. Egal ob Frau oder Mann. Mittlerweile wimmelt es von Künstlerinnen, die phantastische Werke produzieren. Und das ist gut. Wenn ich aufzählen sollte welche Künstler ich für die derzeit Beachtlichsten halte, wären deutlich mehr als 50 Prozent davon Frauen. Weil sie gut sind. Punkt. Wenn ich als Mann in die Welt blicke kann ich gar nicht anders. Ich bin ein Mann. Wo Sexismus anfängt sollte offen und breit debattiert werden. Von Frauen und Männern und allen die weder noch sind oder sich als weder noch fühlen. Vorwürfe und Arroganz sind dabei nicht zielführend.

      Die kunstarztpraxis hat nicht den geringsten Grund zerknirscht zu sein. Die Künstlerin, deren Werk ich auch beachtlich finde (anhand der Fotos) möge doch bitte entspannter und gelassener mit Kritik umgehen, zumal wenn diese so positiv ausfällt.

      Antwort KunstArztPraxis: Hach. Wir fühlen uns verstanden. Ach ja: Zählen Sie doch mal auf! Herzliche Grüße, Ihre KunstArztPraxis

      Antwort Ben Wilmes:
      Karin Mamma Andersson
      Bettina van Haaren
      Jenny Saville
      Nicole Eisenman
      Karin Kneffel
      in der Malerei, da kenne ich mich besser aus als bei Skulptur und Installation.
      Männliche Maler
      Michael Borremans
      George Shaw
      Sean Scully
      Cornelius Völker
      sind die aktuellen Favoriten die mir spontan einfallen. Ich liefere nach. Ich finde zum Beispiel Karin Mamma Andersson viel besser als Peter Doig, der extrem hoch gehandelt wird und mit dem sie stilistisch vergleichbar ist.
      Ich finde dass Anke Feuchtenberger die mit Abstand aufregendste Figur in der Comic Zeichnung ist.
      Ich finde zum Beispiel eine Bettina van Haaren und auch Karin Kneffel mindestens so stark wie Gerd Richter.
      Das sind nur erste Gedanken zum Thema.
      Das diese völlig subjektiv sind versteht sich von selbst.

      Xenia Hausner fast vergessen.

      Und Rosemarie Trockel. Die Strickbilder, die Herdplatten…. Auch hier: weibliches Klischee und Ironie. Aber auch einfach wunderschön und dazu angetan ein Lächeln herbeizuzaubern.

      Antwort KunstArztPraxis: Herzlichen Dank! Zu vielen Ihrer Favoriten haben wir ja schon was gemacht, die anderen behalten wir in unseren sechs diagnostischen Augen. Kommen Sie gut ins neue Jahr, bleiben Sie uns gewogen, Ihre KunstArztPraxis

      Antwort Ben Wilmes: Einen Mann muss ich noch empfehlen: Reinhold Knapp. Den kennt kein Mensch, aber er ist ein Maler mit ganz eigener Bildsprache. Auf den ersten Blick könnte man denken:Surrealismus, hätten wir schon. Aber da sind diese Häuser, die es genau so in Dortmund gibt. Oder das Dortmunder U, oder die kunsthistorischen Zitate oder die Industrieanlagen und Malocher.Bilder die viel Dortmunder Geschichte enthalten. Und weil Dortmund ja die Hauptstadt des Sauerlandes ist lohnt ein Blick auf das Werk des Künstlers, der leider etwas die Öffentlichkeit scheut und sich nicht vermarkten kann.

      Und…. Bitte bitte, schauen Sie sich die Arbeiten von Bettina van Haaren an. Sowohl die Malerei als auch die Zeichnungen und die Grafik sind sensationell. Nein, sie hat keine Promotion nötig. Ich würde nur allzu gerne diese herausragende Kunst mit ihnen teilen. Ganz herzliche Grüße und bis 2024

      Antwort KunstArztPraxis: Das werden wir tun. Bis 2024, Ihre KunstArztPraxis

      Antwort Ben Wilmes: Hanne Draeger in Bonn, 85 Jahre alt, ganz außergewöhnliche Frau, macht Jesusskulpturen der besonderen Art. Jesus als Graffitisprayer, Fußballer, Tänzer, Karnevalist, Broker…. Allein ein Gespräch mit ihr und der Besuch in ihrer unglaublichen Wohnung sind ein Erlebnis. Astrid Köhler : zart, poetisch, verspielt, humorvoll, bescheiden, präzise, wundervolle kleine Bilder.

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