Von den Dingen: Wiebke Siem im Kunstmuseum Bonn
Mit Ihren grandiosen Nähereien und phantastischen Arrangements aus Dingen des Alltags hinterfragt Wiebke Siem Rollenbilder und nimmt ironisch Bezug auf Werke männlicher Kollegen wie Franz Erhard Walter oder Blinky Palermo . Uns animierten ihre Interieurs zu einer Erzählung.
Für Tante Hedwig und Tante Maria
Die Themen von Siebke Wiem sind brandaktuell, aber die Dinge, die sie dafür arrangiert, sind aus der Zeit gefallen. Sie stammen zum Teil aus einer Welt, in der es noch Schuster und Schreiner und Schneider gab und Hutmacher und Näherinnen. In der das Einzelobjekt noch wertvoll war, Persönlichkeit hatte, dem Menschen im Idealfall ein Leben lang treu blieb.
Siems Kunst, die Fragen stellt zu Rollenbildern im Alltag, in der Mode, der männlich dominierten Kunst der Moderne, basiert auf Dingen, denen man zumindest zutraut, dass sie Geschichte: Geschichten haben. Da solche Dinge heute exotisch geworden sind, und da Siem aus ihnen neue Figurinen und Maskierungen formt, rufen sie in ihrer seltsamen Fremdheit Vertrautes sehr eigentümlich nurmehr wach.
Siems Surrealismus ist retro. Kaum vorstellbar, dass er mit Waren funktioniert, die statt Biografien Sollbruchstellen haben. Billy-Regale, Tempo-Taschentücher oder Thermomixe sind nämlich stumm. Sie haben keine Gesichter. Und können wohl auch keine bekommen.
Wir haben unsere Kindheit noch mit erzählenden, teils auch beseelten Dingen verlebt. Wir haben handgeknüpfte Teppiche mit Teppichklopfern auf der Teppichstange malträtiert, jeder Schlag tat uns weh. Wo es nicht unsere Mütter taten, so haben wir unsere Socken persönlich mit Fingerhut, Stopfpilz, Nadel & Faden gestopft, unsere Hosen geflickt.
Es war eine gewisse, uns von der Kriegsgeneration noch anerzogene Zuneigung zu den Dingen im Spiel.
Unsere frühen Taschentücher waren aus Stoff, unser Nudelholz nicht aus Silikon, unsere Milch mit der familieneigenen Milchkanne persönlich geholt vom Bauern auf dem Hügel. Jeder ältere Herr trug zum Grüßen einen Hut – jeder! Und in den Kellern unserer Elternhäuser hingen über den Steinwannen fest installierte Fleischerhaken.
Eine Art Ethnologin des eigenen Stamms
Deshalb sind uns die Fetische, die Wiebke Siem gemeinsam mit ihren Figuren im Kunstmuseum Bonn als eine Art künstlerische Ethnologin des eigenen Stamms zu alltagsphantastischen, beklemmenden und doch auch witzigen Tableaus arrangiert hat, merkwürdig vertraut geblieben. Wir kennen diese verwaisten Interieurs des Gelsenkirchener Barock noch im bewohnten Zustand.
UNSERE Gespenster quollen aus den gleichen Schränken.
Die durch Siems Spiegel in uns ausgelösten Geschichten sind deshalb nicht abstrakt, sondern sehr konkret. Nicht Surrealismus, sondern – zum Teil auch wehmütige, immer wehmütiger werdende – Erinnerung.
Hier kommt unsere durch Siems „Das maximale Minimum“ in Bonn provozierte, aus Erinnerung komponierte Geschichte, die natürlich trotzdem wieder surreal & phantastisch, da komplett aus der Zeit gefallen ist: zwei uralte Lebensläufe, die sich anhand von alltäglichen Dingen erzählen lassen. Aus einer verfallenen Welt, in der Mensch und Ding irgendwie noch verbunden waren.
Für alle, die das nicht interessiert, gibt’s aber vorher schon mal die Bilder:
Für alle anderen kommt hier unsere Geschichte:
Die winzigen Tanten
Einer von uns hatte zwei winzige Tanten, eine winziger als die andere. Am Tage bewohnten sie die Kemenate eines alten Fachwerkhauses wie Klosterschwestern, in der Nacht ein Doppelbett im Schlafzimmer wie ein Ehepaar. Die warme Stube war Küche, Wohnzimmer und Arbeitsplatz: die Decke so niedrig, dass wir, als wir wuchsen, jene Buckel machen mussten, die die Tanten, die immer weiter schrumpften, schon hatten.
An jedem Wochentag trugen die winzigen Tanten einen anderen Kittel. Jede besaß genau sieben, so wussten wir bei Besuchen immer, ob Dienstag, Freitag oder Montag war. Wenn wir kamen, tropften die Tanten fünf Spritzer Konzentrat aus einer Plastikzitrone in ein volles Wasserglas und verrührten die Mischung mit einem Teelöffel Zucker. Sie selbst tranken Klosterfrau Melissengeist.
Mit unserem Zitronenzuckerwasser saßen wir in der Kemenate auf einem schmalen Sofa hinterm Küchentisch und schauten den winzigen Tanten bei der Arbeit zu. Wenn seine Ringe herausgenommen waren, blickten wir verträumt in die Glut des stubewärmenden Kohleherds. Die Kuckucksuhr war vor Jahren stehengeblieben: Für den Uhrmacher war kein Geld da, zum Kleben waren die Tanten zu stolz gewesen. Der Kuckuck spähte halb aus seiner Türe; in der Kemenate herrschten konstante 18 vor 8. Aber in der Nische des Gelsenkirchener Küchenschranks erschien jedes Jahr zur Weihnachtszeit ein wächsernes Christkind und streckte seine Ärmchen hilfesuchend nach dem Kuckuck aus.
Früher hatte die noch winzigere Tante einen Bräutigam besessen. Er hätte in die Kemenate und das Schlafzimmer einziehen sollen, aber der Erste Weltkrieg hatte ihn kurz vor der Hochzeit verschluckt. Deshalb war die weniger winzige Tante eingezogen und besetzte, bis sie starb, den freigebliebenen Platz in dem von den Eltern als Hochzeitsgabe beim Schreiner schon bestellten Witwenbett. Wir sahen die winzigen Tanten mehrfach unter dicken Daunen darin schnarchen.
Nach dem Verlust des Bräutigams hatten sich die winzigen Tanten geschworen, sich selbst und Gott ein Leben lang treu zu bleiben. Als Zeuge des Schwurs, der morgens wie abends mit Weihwasser aus einem kleinen Becken neben der Tür besiegelt wurde, hing der Gekreuzigte überm Witwenbett. Die von der winzigeren Tante mühevoll als Aussteuer geknüpften, gehäkelten oder mit Rosen bestickten Hand-, Tisch- und Taschentücher, Topflappen und Platzdeckchen dienten jetzt den Schwestern.
Sonntags lag die schönste aller Rosendecken zwischen dem Küchentisch und einem zerlesenen Sursum Corda aus Leder. Werktags verschwand die Decke und das Leder berührte das Holz. Die Rosendecke zeigte die neue Woche an wie die Kittel die Tage.
Unter dem kleinen Fenster der Kemenate stand als kostbarster Besitz der winzigen Tanten eine Nähmaschine aus dem Hause Singer. Da der zukünftige Ernährer gefallen, also weggefallen war, war sie der eigentliche Mann im Haus. Die Maschine schlummerte in der Düsternis ihres Tischchens wie ein Dschinn: Einmal befreit, konnten die Tanten sie über ein Fuß-Pedal oder ein Schwung-Rad mit der rechten Hand wecken. Dann trieb die Nadel mit kalter Grausamkeit stichelnd das Garn in den Stoff. Mit jedem Stich krümmte sich der Rücken der winzigen Tanten etwas mehr. Irgendwie nähte die Maschine nicht nur den Stoff, sondern auch sie.
Die Singer, mit der die winzigen Tanten auf züchtige Art in wilder Ehe zusammenlebten, bis ihre Hände zu zittrig und ihre Augen zu schlecht geworden waren, ratterte rastlos im Schichtbetrieb. Wenn die eine Tante nähte, putzte, wusch oder kochte die jeweils andere. Im Grunde pendelten die winzigen Tanten zwischen Witwenbett und Kohleherd und Nähmaschine ununterbrochen hin und her. Jede Minute dazwischen gehörte dem Sursum Corda. Das war das endlose Schwung-Rad ihres Lebens.
Irgendwann versank eine der winzigen Tanten für immer in den Daunen: Wie es sich für ein echtes Witwenbett gehörte, blieb der Platz neben der Überlebenden nun zwar gemacht, aber leer. Die winzigere Tante lebte noch lange fort, obwohl die Zeit – plötzlich besaß sie 14 Kittel! – aus den Fugen war. Auf ihre alten Tage wurde sie wunderlich, und da sie wie die Schwester zu stolz zum Kleben gewesen war und nicht mehr alleine leben konnte, verbrachte man sie an einen Ort, der noch wunderlicher war. Das Witwenbett und den Kohleherd und die Nähmaschine und das Sursum Corda und das Fachwerkhaus musste sie verlassen. Die Dinge hier gehörten Anderen.
Wir erinnern uns an eine zahnlose Frau mit wirrem Haar, die mit ihrem Gebiss in der ausgestreckten Hand klappernd den Flur durchmaß, als wir die winzigere Tante besuchten. Eine zweite Frau lag stöhnend in einem Bett neben dem der winzigeren Tante, in ihrem Schlaf- und Wohnzimmer. Darüber hing kein Kruzifix, sondern ein Kasten voller fremder Bildern und aufgescheuchter Stimmen. Er sang, wie einst die Singer, Tag und Nacht.
Im Kasten wohne der Teufel, raunte uns die winzigere Tante am wunderlichen Ort leise ins Ohr (der Teufel im Kasten sollte ja nichts hören!): Die Stimmen wollten sie holen, in den Kasten ziehen, das Tor zur Hölle. Mit jedem Wort wurde die Tante noch etwas kleiner. Wir konnten ihr beim Schrumpfen förmlich zusehen. Am Ende war nur noch ein Buckel da, in dessen hinterstem Winkel ein Hauch von Leben angstvoll zusammengekrümmt kauerte.
Eine Woche später war die winzigere Tante tot. Viele sagten, sie habe ja das Alter längst gehabt. Aber wir sind uns sicher, dass sie am Verlust der Dinge gestorben ist.
(14.08.2023)
Anmerkung 1: Ein paar Dinge gibt es, die von den winzigen Tanten (die in Wirklichkeit natürlich Großtanten waren) geblieben sind. Dazu gehört die Kleidung der weit über 20 Krippenfiguren in der örtlichen Kirche, gefertigt auf der Singer-Nähmaschine. Jedes Jahr sind sie im Altarraum zu sehen. Seit fast 100 Jahren.
Anmerkung 2: Apropos „Religion und Kleidung“: Es gibt ein Gedicht in Sauerländer Platt, gesprochen von der großen Schwester der winzigen Tanten, geschrieben von einem ihrer Onkel: „Utt der godden ahlen Tied“ („Aus der guten alten Zeit“), die aber so god gar nicht war. Das Gedicht ist nur in dieser einen Aufnahme aus den 1970er Jahren überliefert, sie hängt unten an. Darin wird unter anderem beschrieben, dass sich drei Brüder eine Sonntags-Hose („Buxe“) für den Kirchgang teilen müssen und es deshalb nicht immer pünktlich in die Messe schaffen, weshalb sie der Vikar von der Kanzel komplett zu Unrecht verflucht: „Denn dejireligiöse Schlappheit / Kam bloß von der Buxen-Knappheit.“ Ein Ding für Drei. So war das damals, als es neben Armut noch Schneider, Schuster, Näherinnen gab.
„Wiebke Siem. Das maximale Minimum“ läuft noch bis zum 17. September 2023 im Kunstmuseum Bonn.
Das Kunstmuseum Bonn in der Kunstarztpraxis:
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Oha, liebes KunstArztPraxis-Team, da ist ja wohl Wiebke Siem in Eure Falle getappt und nicht umgekehrt! 😉 Toller Text. Weiter so!
Das einzige das hier „retro“ und völlig aus der Zeit gefallen ist, ist Ihr atemberaubender Sexismus. Sie tappen in jede Falle die ich Ihnen gestellt habe und Sie machen den Hauptfehler jeder Kunst und Literaturbetrachtung, sie halten jedes Kunstwerk für autobiographisch. Ich kann Ihnen versichern, es ist fast immer Fiktion und damit stehe ich nicht allein.
Ich lasse in meiner Arbeit 100 Jahre männerdominierter Moderne Revue passieren und persifliere sie, es handelt sich um Satire. Ich bediene ich mir der Objekte, die die Künstler der Moderne benutzt haben. Die Surrealisten kannten kei n Billyregal und wenn, dann hätte ich es benutzt.
Wenn Sie einen einzigen Blick in den Ausstellungskatalog geworfen hätten und aufmerksam durch die Ausstellung gegangen wären statt Ihre klischeehaften Phantasien über Frauen bestätigt zu sehen, dann hätten sie es bemerkt.
Und nur zu Ihrer Information: weder meine Eltern noch meine Großeltern haben im Gelsenkirchener Barock gewohnt, sie hatten einen guten Geschmack! Die Verwendung dieser Art von Möbel in meinen Installationen sind Teil meiner satirischen Sicht auf die Kunstgeschichte in unserem Land.
Ihren „skurrilen Tanten“ kann ich nur meine eigenen Tanten entgegensetzen, deren Leben man zerstört hat, in dem man Ihnen, anders als Ihren Brüdern, Abitur und Studium verweigerte. Einige von Ihnen haben daraufhin Ehe undFamilienleben abgelehnt und sich ein eigenes, selbstbestimmtes Leben und Berufsleben aufgebaut. Ihrem Kampf um Würde und Unabhängigkeit in einer frauenfeindlichen Umwelt gilt meine größte Achtung . Sie sind meine Inspiration und mein Vorbild.
Wiebke Siem
Antwort der KunstArztPraxis:
Sehr geehrte Wiebke Siem,
es tut uns leid, dass Ihnen unsere Betrachtung Ihres Werks nicht gefallen hat – und dies umso mehr, als wir es ja wirklich sehr zu schätzen wissen. Über den Vorwurf des Sexismus denken wir gerne intensiver nach, weil uns nichts ferner liegt, als sexistisch zu sein (bzw. sein zu wollen). Sexismus ist Verbrechen.
Zu unserer Ehrenrettung möchten wir allerdings dann doch noch kurz vermerken, dass wir Ihr Werk in keiner (!) Weise autobiografisch deuten; diesen immergleichen Reflex einer bestimmten Form der Kunstkritik mögen wir ebenso wenig wie sie. Autobiografien von Künstler*innen interessieren uns bei der Deutung ihrer Werke eher gar nicht, im Gegenteil: Eigentlich sind wir vor ein paar Jahren angetreten, einer biografisch arbeitenden Kunstbetrachtung etwas entgegenzustellen. Und das machen wir seitdem.
Wir können nämlich immer nur sagen, was Kunst – NATÜRLICH als Fiktion! – in UNS auslöst, welche Assoziationen ein konkretes Werk in UNS freisetzt, weil wir aus bestimmten Kontexten stammen, und das sind eben die beschriebenen, die wir in literarisierter Form – als Fiktion – verarbeitet haben, weil Reden über Kunst in unseren Augen (wenn überhaupt) nur so funktionieren kann. Sollte DAS die Falle gewesen sein, in die wir hineingetappt sein sollen, dann bekennen wir uns schuldig.
Dass Ihnen unsere Betrachtung nicht gefallen hat, tut uns, wie schon gesagt, sehr leid. Und dass sie geschmackvollere Tanten hatten, ist vielleicht ein Glück für Sie gewesen, spielt aber für unsere Betrachtung keine Rolle. WIR hatten eben diese, die in den beschriebenen (und von Ihrer Kunst in uns eben wieder wachgerufenen) patriarchalischen Strukturen gefangen waren. Bei IHREN Tanten mag es anders gewesen sein, aber im Leben der unsrigen hatte die Singer-Nähmaschine und das Witwenbett und der Gelsenkirchener Barock nun mal seinen Platz. Diese Tanten „skurril“ zu nennen verbitten wir uns, denn wir haben sie sehr geliebt. Es waren zwei sehr tapfere, wundervolle, aber eben auch sehr traurige, da in den oben beschriebenen patriarchalischen Strukturen gefangene Frauen. Zumindest da, wo WIR herkommen, gab es von diesen Frauen viele. Und Geschmack muss man sich ja oftmals auch leisten können.
Wie schon gesagt: Wir finden Ihre Arrangements im Kunstmuseum Bonn klasse und können nur Jeder/Jedem raten, sich von diesen Fiktionen zu eigenen Erzählungen anregen zu lassen – auch wenn wir das als Ihre Intention offenbar komplett missverstanden haben. Ebenso empfehlen wir den sehr schön gemachten Katalog, den wir, entgegen Ihrer Vermutung, von vorne bis hinten mit Freude durchgelesen haben. Wir schreiben nur einfach nicht gerne aus Katalogen ab und würden dies auch in Zukunft gerne so halten wollen.
Dass wir ihre Kunst für brandaktuell halten, haben wir in unserer Betrachtung ja schon angemerkt. Warum wir ihren Surrealismus, unter anderem als Rückgriff eben auf die Mittel der (männlichen) Moderne, für „retro“ halten, weil sie sich ja immer auch auf dessen Verfahren und Rollenbilder rückbeziehen, auch.
SIE haben den Teppichklopfer unter anderem bei Hans Bellmer gefunden, WIR eben in unseren Erinnerungen, ebenso retro (lateinisch = rückwärts), daheim.
Sollte all dies nicht sinnfällig geworden sein, bedauern wir auch das.
Die KunstArztPraxis
P.S.: Im Übrigen waren auch die Objekte des Surrealismus in unseren Augen schon damals völlig aus der Zeit gefallen, das ist Teil ihres Zaubers und ihrer Magie, die bis heute wirkt. Billy-Regale hätte wohl nur Marcel Duchamp benutzt, aber sicher nicht, um Geschichten zu provozieren, sondern zur Provokation des Kunstbegriffs.
P.P.S.: Wie ein Surrealismus geartet sein könnte, der (in der Wahl seiner Mittel! Nur in der Wahl der Mittel!!) vorwärtsgewandt sein möchte, kann man vom 27. August 2023 bis 28. Januar 2024 im Max Ernst Museum in der Ausstellung „Surreal Futures“ mit ihren interaktiven Videoarbeiten, VR-Werken, und Multimedia-Performances sehen. Wir maßen uns nicht an zu behaupten, dass das besser ist.
P.P.P.S.: Nur der Vollständigkeit halber: Dass Sie in Ihrer „Arbeit 100 Jahre männerdominierter Moderne Revue passieren“ lassen und sich der Objekte bedienen, die die Künstler der Moderne benutzt haben, haben wir begriffen. Ob es sich bei Ihrem Werk um Satire handelt, bezweifelt zumindest der Literaturwissenschaftler in unserer Praxis, zumindest auf den ersten Blick. Aber auch darüber denken wir noch einmal nach. Mit Sicherheit jedenfalls arbeiten Sie mit Überzeichnung und Humor. Und das finden wir, wie schon gesagt, ziemlich klasse.
Die Praxis des verbalen Duells erhält eine neue Dimension wo Künstlerinnen mutig und offensiv Wortraum erhalten. Zeitgeist spiegelt Gräben – Kunst besitzt die Kraft, Brücken darüber zu erstellen. Wertschätzender Tausch von emotionalen Bewegungen ist hier eine neue Dimension und große Bereicherung zur Begegnung mit Kunst. Abstreifen können wir genutzte Worte nicht – mit Phantasie jedoch die Tanten durch Onkel oder diverse Persönlichkeiten ersetzen. Wortkunst die hier gezeigt, ebenso wie subjektive Betrachtung , verstehe ich nicht wertend, sondern respektvoll allen Betrachtenden der Praxisseiten gegenüber. Danke für diese virtuelle Türöffner-Funktion, die große Lust macht, sich selbst aufzumachen um die Kunst mit eigenen Augen zu betrachten.
Die Ausstellung von Wiebke Siem fand ich auch sehr großartig. Und ich hatte ähnliche Assoziationen. Die Geschichte von den winzigen Tanten hat mich sehr berührt. <3
Die Geschichte von den kleinen Tanten gefällt mir so gut. Von solchen Beobachtungen und Erinnerungen rund um den Gelsenkirchener Barock in den Stuben möchte ich mehr lesen.
Antwort KunstArztPraxis: Dankeschön. Das freut uns alle wirklich sehr. Und: Wir werden weiter in uns gehen. Ihre KunstArztPraxis
Also, jetzt mal ganz im Ernst. Da schreibt die kunstarztpraxis ein ehrliches, mit Kenntnis, Sympathie, Staunen und Bewunderung reich unterlegtes Lob… Und die so Geehrte reagiert mit aggressivem Beleidigtsein und Unterstellungen. Schade. Hat sie nicht nötig. Und die Nummer von den Tanten „mit Geschmack“ ist extrem schnöselig. Die Käufer von Möbeln des „Gelsenkirchener Barock“ waren oft im männerdominierten Bergbau oder Stahlbau oder anderen Tätigkeitsfeldern unterwegs, die sich durch eine extreme körperliche Härte ausgezeichnet haben. Wenn dann der Kacheltisch und der röhrende Hirsch dazu beigetragen haben, ein wenig Gemütlichkeit zu vermitteln, na und? Man kann und darf das lustig finden. In Ordnung. Es ist auch richtig dass die Kunst männerdominiert war und dass das erst allmählich anders wird. Wer die Gelegenheit hat Kunst zu machen und davon leben zu können ist privilegiert. Egal ob Frau oder Mann. Mittlerweile wimmelt es von Künstlerinnen, die phantastische Werke produzieren. Und das ist gut. Wenn ich aufzählen sollte welche Künstler ich für die derzeit Beachtlichsten halte, wären deutlich mehr als 50 Prozent davon Frauen. Weil sie gut sind. Punkt. Wenn ich als Mann in die Welt blicke kann ich gar nicht anders. Ich bin ein Mann. Wo Sexismus anfängt sollte offen und breit debattiert werden. Von Frauen und Männern und allen die weder noch sind oder sich als weder noch fühlen. Vorwürfe und Arroganz sind dabei nicht zielführend.
Die kunstarztpraxis hat nicht den geringsten Grund zerknirscht zu sein. Die Künstlerin, deren Werk ich auch beachtlich finde (anhand der Fotos) möge doch bitte entspannter und gelassener mit Kritik umgehen, zumal wenn diese so positiv ausfällt.
Antwort KunstArztPraxis: Hach. Wir fühlen uns verstanden. Ach ja: Zählen Sie doch mal auf! Herzliche Grüße, Ihre KunstArztPraxis
Antwort Ben Wilmes:
Karin Mamma Andersson
Bettina van Haaren
Jenny Saville
Nicole Eisenman
Karin Kneffel
in der Malerei, da kenne ich mich besser aus als bei Skulptur und Installation.
Männliche Maler
Michael Borremans
George Shaw
Sean Scully
Cornelius Völker
sind die aktuellen Favoriten die mir spontan einfallen. Ich liefere nach. Ich finde zum Beispiel Karin Mamma Andersson viel besser als Peter Doig, der extrem hoch gehandelt wird und mit dem sie stilistisch vergleichbar ist.
Ich finde dass Anke Feuchtenberger die mit Abstand aufregendste Figur in der Comic Zeichnung ist.
Ich finde zum Beispiel eine Bettina van Haaren und auch Karin Kneffel mindestens so stark wie Gerd Richter.
Das sind nur erste Gedanken zum Thema.
Das diese völlig subjektiv sind versteht sich von selbst.
Xenia Hausner fast vergessen.
Und Rosemarie Trockel. Die Strickbilder, die Herdplatten…. Auch hier: weibliches Klischee und Ironie. Aber auch einfach wunderschön und dazu angetan ein Lächeln herbeizuzaubern.
Antwort KunstArztPraxis: Herzlichen Dank! Zu vielen Ihrer Favoriten haben wir ja schon was gemacht, die anderen behalten wir in unseren sechs diagnostischen Augen. Kommen Sie gut ins neue Jahr, bleiben Sie uns gewogen, Ihre KunstArztPraxis
Antwort Ben Wilmes: Einen Mann muss ich noch empfehlen: Reinhold Knapp. Den kennt kein Mensch, aber er ist ein Maler mit ganz eigener Bildsprache. Auf den ersten Blick könnte man denken:Surrealismus, hätten wir schon. Aber da sind diese Häuser, die es genau so in Dortmund gibt. Oder das Dortmunder U, oder die kunsthistorischen Zitate oder die Industrieanlagen und Malocher.Bilder die viel Dortmunder Geschichte enthalten. Und weil Dortmund ja die Hauptstadt des Sauerlandes ist lohnt ein Blick auf das Werk des Künstlers, der leider etwas die Öffentlichkeit scheut und sich nicht vermarkten kann.
Und…. Bitte bitte, schauen Sie sich die Arbeiten von Bettina van Haaren an. Sowohl die Malerei als auch die Zeichnungen und die Grafik sind sensationell. Nein, sie hat keine Promotion nötig. Ich würde nur allzu gerne diese herausragende Kunst mit ihnen teilen. Ganz herzliche Grüße und bis 2024
Antwort KunstArztPraxis: Das werden wir tun. Bis 2024, Ihre KunstArztPraxis
Antwort Ben Wilmes: Hanne Draeger in Bonn, 85 Jahre alt, ganz außergewöhnliche Frau, macht Jesusskulpturen der besonderen Art. Jesus als Graffitisprayer, Fußballer, Tänzer, Karnevalist, Broker…. Allein ein Gespräch mit ihr und der Besuch in ihrer unglaublichen Wohnung sind ein Erlebnis. Astrid Köhler : zart, poetisch, verspielt, humorvoll, bescheiden, präzise, wundervolle kleine Bilder.